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Business Model Canvas – ein Erfahrungsbericht

Wie Sie Ihr Geschäftsmodell mit dem Business Model Canvas auf nur einer DIN A4-Seite darstellen können.

Papa, was machst Du eigentlich auf der Arbeit?

via-canvas-coverAls Kommunikationstrainer kann man viele Fehler machen. Einer der schlimmsten ist: Man glaubt, jeder kommunikativen Situation gewachsen zu sein. Bis einen dann irgendwann wieder die Realität einholt;-)

Haben Sie schon einmal Ihrem halbwüchsigen Sohn erklärt, womit Sie genau Ihre Brötchen  verdienen?

Nein?! Das könnte ein spannendes Experiment mit weitreichenden Folgen werden.

In diesem Artikel erzähle ich von meinen Erlebnissen aus genau diesem Feldversuch, mit dem Hintergedanken, dass Sie einen Nutzen für sich daraus ziehen können. Na, und vielleicht versteht ja nicht nur Ihr Sohn danach, womit Sie Ihr Geld verdienen.

Papa, was machst Du eigentlich genau?

Mit dieser Frage überfiel mich mein Junior vor einigen Wochen. „Na ja“, sagte ich, „Du weisst doch, ich gebe Seminare“. In der Hoffnung, dies würde seine Neugier hinreichend stillen. Fehlanzeige. Er hakte bei jeder meiner Antworten mit neuen Fragen nach und brachte mich binnen einer halben Stunde an den Punkt, an dem ich begann, mir selbst Fragen zu stellen:

  • Was mache ich eigentlich genau?
  • Und wie kann ich ihm – meinem Sohn – in ein paar Minuten erklären, worin mein Geschäftsmodell besteht?

Noch am selben Abend begann ich MindMaps und Grafiken zu zeichnen und surfte so nebenbei im Internet auf der Suche nach der zündenden Idee. Durch Zufall stiess ich dabei auf ein Zitat von Alexander Osterwalder:

„Ein Geschäftsmodell beschreibt die Logik wie eine Organisation Werte für ihre Kunden erschafft, vermittelt und aufrecht erhält.“

Obwohl mir das noch sehr akademisch daher kam,  liess mich Herr Osterwalder nicht lange im Ungewissen und präsentierte mir schon auf der nächsten Webseite die Lösung in Form einer recht einfachen Grafik.

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 Die 9 Bausteine des Business Model Generation

Auf Anhieb gefiel der Ansatz von Osterwalder die wichtigsten Bausteine eines Geschäftsmodell auf einer Seite grafisch darzustellen. Er entwickelte dieses Modell übrigens 2004 im Rahmen seiner Dissertation an der Universität Lausanne (2004) als Gerüst zur Beschreibung und Design von Geschäftsmodellen nennt es „Business Model Canvas“ (= „Leinwand“.) Osterwalders Ansatz fand zu seiner Überraschung nicht nur in akademischen Kreisen Anklang, sondern wurde auch von Unternehmern begeistert aufgenommen. Doch zurück zu der „Leinwand“.

Die 9 Felder in der Business Model Canvas

Diese „Leinwand“ besteht im Original (… es gibt eine Menge Varianten davon) aus 9 Boxen. Jede dieser Boxen steht für ein elementares Feld einer Organisation. Jedes Feld steht in Beziehung zu anderen Feldern und zusammen beschreiben sie das Geschäftsmodell.

  1. Kunden: Für wen arbeiten wir? Welche Kunden(-segmente) bedienen wir?
  2. Kundennutzen: Welche Probleme unserer Kunden lösen wir?
  3. Kanäle: Wie treten wir mit unseren Kunden in Kontakt? Über welche Wege kommt unser Leistung zum Kunden?
  4. Kundenbeziehung: Welche Beziehungen haben wir zu unseren Kunden? Wie gehen wir mit unseren Kunden um?
  5. Einnahmen: Welche Umsätze werden durch unsere Leistungen generiert?
  6. Ressourcen: Was nutzen wir (Gegenstände, Wissen etc.), um unsere Leistung zu erbringen?
  7. Aktivitäten: Über welches Tun werden unsere Ressourcen zu einer Leistung für den Kunden?
  8. Partner: Wer hilft und unterstützt uns von aussen, unsere Leistungen zu erbringen?
  9. Ausgaben: Was kostet uns es, diese Leistungen zu erbringen?

Die richtige Reihenfolge

Ich zeichnete mir also die „Leinwand“ auf ein Blatt Papier und begann, diese neun Fragen zu beantworten und damit die Boxen zu füllen.
Doch die Reihenfolge, in der man sich diesen Boxen widmen soll, erschien mir auf den ersten Blick alles andere als plausibel.

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Die Reihenfolge im Business Model Canvas

Warum sollte ich mit „Kunden“ und dem „Wert für den Kunden“ beginnen? Mir wäre viel schneller etwas zu den „Aktivitäten“ oder „Ressourcen“ eingefallen. Aber klar: Für wen mache ich das eigentlich? Für unsere Kunden natürlich. Und wozu? Um ihnen einen Mehrwert, einen Nutzen zu bieten. Es ist also nur logisch, sich zunächst mit diesen beiden Feldern auseinander zu setzen.

Lernerfahrung Nr. 1

Es ist weitaus einfacher, eine tolle Idee oder die genialen Eigenschaften eines Produktes zu beschreiben, als sich darüber klar zu sein, für WEN man dies eigentlich tun und WELCHEN konkreten NUTZEN und Wert man dabei generiert.

Die richtige Art und Weise

Zunächst schrieb ich direkt auf die Vorlage, bis ich bemerkte, dass mein ganzes Canvas recht dynamisch war: Je länger ich über die Dinge nachdachte, desto bessere Begriffe fielen mir ein. Mancher Kundennutzen sprach nur bestimmte Kunden an, andere nicht. Also stieg ich – nach einer Empfehlung – um auf die Arbeit mit farbigen Post-it und damit gleich auf einen A0 grossen Papierbogen. Dort hatte ich weitaus mehr Überblick.

Lernerfahrung Nr. 2
Auf einer DIN A0 grossen „Leinwand“ mit Post-its zu arbeiten macht weitaus mehr Spaß, ist flexibler und bietet mehr Überblick.

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 Mit Post-Its arbeiten und flexibel bleiben

Mit anderen darüber sprechen

Vielleicht kennen Sie dieses Phänomen: Sie glauben, etwas verstanden zu haben und kaum sollen Sie es einer anderer Personal-Canvas-ProzesPerson erklären, merken Sie, was Sie (noch) nicht verstanden haben. Am zweiten Abend war mein Canvas soweit, dass es mir „rund“ erschien und das darstellte, was ich im Seminargeschäft machte.
Als am nächsten Tag ein Freund zu Besuch war, packte ich die Gelegenheit am Schopfe und erklärte ihm an Hand meiner Canvas mein Business. Eine klasse Erfahrung! Nicht nur, dass ich von ihm eine Menge Feedback bekam, ich merkte beim Erzählen auch recht schnell, wo es demnächst Verbesserungspotenzial in meinem Geschäftsmodell gab.

Lernerfahrung 3:
Zunächst versuchte ich meinem Freund mein Modell zu erklären, als es voller Post-Its hing. Das ging gehörig schief und ich sah förmlich die Knoten in seinem Hirn, als er verzweifelt versuchte zu verstehen, was ich da produziert hatte. Also sammelte ich alle Post-its ein und erzählte ihm mein Modell, während ich ein Post-it nach dem anderen wieder auf seinen Platz klebte. 

Und auf diese Weise vernetzten sich meine einzelnen Begriffe vor seinen Augen zu einer plausiblen und runden Geschichte. 

Wozu das Ganze? Verstehen und verändern!

Die Spatzen pfeifen es von den Dächern: Unsere Welt wird nicht einfacher – unsere Unternehmungen auch nicht. Es wird eher anspruchsvoller, Mitarbeitern und auch Kunden zu erzählen, was wir eigentlich tun und warum wir das tun.

Um zusammen mit dem eigenen Team über das zu sprechen, braucht es eine einfache  Sprache. Das Business Model Canvas  bietet dazu einen Rahmen, um unsere Geschäftsmodelle klar und übersichtlich zu beschreiben, das eigene Tun besser zu verstehen, neue Szenarien für die Zukunft zu entwickeln … und vor allen Dingen… mit anderen darüber zu diskutieren und ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln.

Mein Resümee:

Natürlich ist das „Business Modell Generation“ im Kern nichts wirklich Neues. Und vielleicht schmunzeln Sie auch über die „netten Bildchen“, die soweit entfernt scheinen von den klassischen (… und meist langweiligen) Business-Plänen, die Sie kennen. Aber genau darin liegt der Effekt: In nur 20 Minuten haben Sie mit der Business Model – Leinwand Ihren ersten Entwurf und zwar auf einen Blick. Ganz gleich, ob Sie Ihr momentanes Geschäftskonzept einmal durchleuchten oder eine neue Idee lancieren möchten: Es geht schnell, zeigt auf einen Blick, um was es im Kern geht und vor allen Dingen: Es wird kommunizierbar.

1. Machen Sie sich klar, was Sie damit tun wollen:

Die Toolbox des Business Model Generation ist recht vielfältig einsetzbar – und je klarer die Fragestellung, mit der Sie starten ist, desto besser werden Ihre Ergebnisse.
Wollen Sie damit….

  • … das Geschäftsmodell Ihrer bestehenden Firma analysieren?
  • … eine neue Geschäftsidee systematisch entwickeln?
  • …. oder vielleicht zunächst einmal die Geschäftskonzepte Ihrer Mitbewerber studieren?

2. Auf dem Papier oder am PC

Ob Sie lieber auf dem Papier arbeiten oder am PC modellieren, ist Geschmackssache

Auf dem Papier: Drucken Sie sich eine Vorlage aus. Oder á la „Think BIG“:  Sie nehmen gleich eine Rolle Packpapier und zeichnen darauf die 9 Boxen. Schreiben Sie nicht direkt auf die „Leinwand“, sondern arbeiten Sie mit Post-Its. Damit bleiben Sie flexibler, können Ideen schnell austauschen und umorganisieren. Kurzum: Ein grosser Bogen Papier, ein Stapel Post-It und ein paar Filzstifte ist alles was Sie dazu brauchen.

Papiervorlagen für zur Business-Model Canvas:

Originalvorlage (engl.) von Alex Osterwalder

deutsches Template von Thorsten Faltings

mein handgezeichnetes Template;-) [download id=“8004″]

Am PC: Sollten Sie eher technophil veranlagt sein, gibt es im Internet eine ganze Reihe von recht pfiffiger Tools, aber mit Word, Pages oder PowerPoint geht es im Notfall ja auch.

Liste von Business-Model-Software:

Buchtipps:

BMG-Buch-CoverDas Buch von Alexander Osterwalder und Yves Pigneur „Business Model Generation“  möchte ich Ihnen gerne weiterempfehlen. Es ist alles andere als ein klassisches Business-Buch, sehr visuell aufbereitet, macht Spaß und motiviert, selbst zu „modellieren“.
Link zum Buch

Eine Leseprobe dieses Buches können Sie über den folgenden Link kostenlos herunterladen und auf der Seite meines Kollegens Andreas Zeuch finden Sie dazu auch eine ausführliche Buchbesprechung.

dtsch (9 Seiten) : http://www.boersenblatt.net/media/747/BMG_Leseprobe.pdf

engl. (72 Seiten) 72 Seiten Leseprobe als PDF

Videos

Alexander Osterwalder hat zusammen mit der Kauffman Foundation sechs Videos produziert, die  recht gut erklären, wie das Business Model Generation mit dem Business Model Canvas funktioniert.

Ach übrigens: Ja ich habe mein Geschäftsmodell mittlerweile auch meinem Sohn präsentiert. Sein Feedback: Cool Papa, aber an Deinen Zeichnungen musst Du noch arbeiten;-)