Der Halo-Effekt- wie Manager sich täuschen lassen

In Management, (Unternehmens-/Mitarbeiter-)Führung und Beratung werden immer wieder Fehler passieren. Warum?

Weil wir es in diesen Kontexten vorrangig mit weichen Faktoren zu tun haben, die wir interpretieren müssen:

z.B. „Wird dieser Bewerber in unserem Unternehmen die Leistung bringen, die wir von ihm erwarten?

z.B. „Wird diese neue Marketingstrategie wirklich den Erfolg haben, den wir uns davon versprechen?“

Doch es gibt Fehler, die sich vermeiden lassen, wie Prof. Dr. Phil Rosenzweig in seinem Buch „Der Halo-Effekt. Wie sich Manager täuschen lassen.“ treffend beschreibt.

Hier einige wichtige Erkenntnise aus diesem äusserst lesenswerten Buch – gemischt mit meinen eigenen – empirischen Erfahrungen als Berater:

Toller Mann„, denkt sich die Führungskraft bei der Lektüre der Bewerbungsunterlagen eines potenziellen Kanditaten., „vor allen Dingen beindruckende Zeugnisse.“ … und schon hat er zugeschlagen: Der sogenannte „Halo-Effekt„. Schon vor dem eigentlichen Interview umgibt den Bewerber eine Art „Heiligenschein„, der all seine Aussagen im späteren Interview in einem weitaus besseren Licht erscheinen lassen.

Klasse Produkt„, denkt der Käufer über das Smartphone, das ganz neu auf dem Markt ist und ist sich nicht bewusst, dass er nur deshalb zugreift, weil die bekannte Marke des Herstellers „durchstrahlt“. (siehe dazu auch : „der Halo-Effekt des Apple-Ipods“)

Nach den Anschlägen am 11. September 2001 stieg George W. Bush deutlich im Ansehen der amerikanischen Bevölkerung – auch auf Grund seiner Aktionen zur inneren Sicherheit. Gleichzeitig stieg auch die Zustimmung zu seiner Wirtschaftspolitik, die sich allerdings in den Wochen nach dem 11. September 01 kaum wirklich verändert haben dürfte.
Dazu Prof. Rosenzweig: „Die amerikanische Bevölkerung versah ihren Präsidenten mit einer Aura, die sein Gesamtverhalten in ein vorteilhafteres Licht tauchte.“ Kurzum – der Halo-Effekt.

Was ist nun genau der Halo-Effekt?

Schon 1920 wies der US-amerikanische Psychologe Edward Lee nach: „Wenn ein Mensch über eine besonders herausragende und offensichtliche positive Eigenschaft verfügt, werden in der Regel auch seine übrigen Eigenschaften in einem äußerst angenehmen Licht gesehen. Dies ist übrigens u.a. der Grund, weshalb attraktive Menschen gleichzeitig als sozial kompetenter und erfolgreicher gelten.“ (Psychologie heute)

Warum lassen wir uns vom Halo-Effekt täuschen?

Der Halo-Effekt lauert überall dort, wo es um die Bewertung schwer fassbarer eher weicher Kriterien geht.

  • Wie teamfähig ist dieser Mitarbeiter?
  • Worin ist der momentane Mißerfolg unseres Verkaufsteams begründet?

Sobald man beginnt Antworten auf diese Fragen zu suchen, stösst man unwillkürlich auch auf Widersprüchlichkeiten – und Widersprüchlichkeiten verhindern zunächst einmal klare Entscheidungen. Der Halo-Effekt ist also eine menschliche Strategie um diese kognitiven Dissonanzen (=miteinander unvereinbare Gedanken, Meinungen u.ä.) zu vermeiden.

Gibt es eine Alternative zu der Sinnestäuschung des Halo-Effektes?
Ja – zumindest laut Prof. Rosenzweig:

  1. Akzeptieren Sie, wie Ihr Unternehmen, Ihre Kollegen und Mitarbeiter „ticken“ – nämlich hochkomplex und meist ziemlich widersprüchlich.
  2. Trennen Sie sich von der Illusion, es gäbe einfache und schnelle Erfolgsrezepte (Prof. Rosenzweig: „Wer einfache Erfolgsrezepte sucht, wird nur Illusionen finden.
  3. Freunden Sie sich mit dem Gedanken an, dass Unternehmens- und Menschenführung keine Wissenschaft wie Physik oder Geologie ist, in der es unumstössliche Gesetzmässigkeiten gibt, die es nur zu entdecken und zu befolgen gibt.

Doch wir sollten das Kind dann nicht gleich nicht mit dem Bade ausschütten, wie es zum Beispiel in einem Artikel der Harvard Business Review 2005 von Warren Bennis und James O´Toole gefordert wird: „Das wissenschaftliche Modell beruht auf der fehlerhaften Vorstellung von Unternehmensführung als einer akademischen Disziplin […] während sie in Wirklichkeit schlicht ein Beruf ist – mit en Wirtschaftsschulen als den zugehörigen Berufsschulen.“

 

Kurzum wir haben die Wahl:
Entweder

  • a) ein simplifiziertes, dafür aber schlüssiges Welt-, Unternehmens, Menschen-, Erklärungsmodel, das zudem noch unseren Herdentrieb befriedigt
    oder
  • b) eine tägliche Auseinandersetzung mit einer hochkomplexen Umwelt und Entscheidungen auf der Basis nicht gesicherter Daten?

Quellen und Buchtipp:

Links zum Thema:

Schreiben Sie mir doch Ihre Erfahrungen mit dem „Halo-Effekt“ – hier als Kommentar.